Das Wetter und insbesondere der Wind sind schwer vorherzusehende Größen. Jeder von uns hat wohl schon die Erfahrung gemacht, dass er sich auf Wetterberichte verlassen hat und dann ein Ausflug sprichwörtlich ins Wasser gefallen ist. Der Wind ist aber eine wesentliche Größe für die Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen. Gerade in windschwachen Gegenden, wie es der Raum Kaiserslautern nun einmal ist (siehe Windatlas Rheinland-Pfalz), muss ein erhöhter technischer Aufwand für die Abschöpfung der Windkraft betrieben werden, so dass die Rendite stark davon beeinflusst wird, ob die Vorhersagen eintreten oder nicht.

Eine wesentliche Grundlage für die Gutachter ist der IWET - Windindex der Ingenieurwerkstatt Energietechnik. Dieser ist auch unter "BDB-Index" bekannt. Für den IWET wird ein 100%-Referenzwert berechnet und die monatlichen Werte geben die Abweichungen an. Der Index wird weiterentwickelt, um die Prognosegenauigkeit zu erhöhen. Hier sitzen Experten der Windindustrie zusammen und bewerten die Erfahrungen der vergangenen Jahre neu. Wandelt sich das Klima? Wie gut waren die Vorhersagen der Vergangenheit? Die Bundesrepublik ist in 25 Regionen eingeteilt, für die jeweils ein eigener Index-Stand ermittelt wird. Kaiserslautern liegt in der Region 23.

Da die Erträge aus Windenergieanlagen hinter den Erwartungen zurück blieben, wurde mit der Datenreihe bis 2011 ein neuer Referenzwert berechnet. Hier ergaben sich signifikante Veränderungen. In der Region 23 musste der Wert um 13,1% zum Schlechteren hin verändert werden (IWET-V06 zu IWET-V11). Die Ertragserwartung für Anlagen, die mit der alten Version des IWET ermittelt wurden, verschlechtert sich dementsprechend (Quelle Artikel enervis). Dieser Korrekturwert hat dramatische Auswirkungen für Bestandsanlagen und schränkt die Gebiete für neue Anlagen ein. Denn die finanzierenden Banken knüpfen ihre Kreditzusagen an die Ertragserwartungen.

Hat dies Auswirkungen auf geplante Vorhaben in Kaiserslautern? Dies kann sein und hängt davon ab, ob der IWET und welche Version des IWET für das Erneuerbare Energien Konzept der Stadt Kaiserslautern verwendet wurde. Das Konzept ist die Grundlage für die Sonderflächen Windenergie im Entwurf des Flächennutzungsplans 2025. Aber auch, wenn eine andere Datengrundlage herangezogen wurde, muss die Frage gestellt werden, ob die Bedingungen aus dem Landesentwicklungsprogramm (LEP) IV eingehalten werden, die eine Wirtschaftlichkeit - es werden mindestens 5,8m/s durchschnittliche Windgeschwindigkeit in 100 Metern Höhe über Grund gefordert - als Voraussetzung für die Ausweisung von Flächen beinhaltet. Da der IWET auf gemessenen Werten fast aller Anlagen in Deutschland beruht und die Korrektur nun mal durchgeführt werden musste, ist davon auszugehen, dass auch andere Modelle zu optimistisch waren oder immer noch sind.

Gutachter müssen nun alte Expertisen überarbeiten und oft sind die Ertragserwartungen zu korrigieren.

Wohin falsche Berechnungen führen, kann man bei einem saarländischen Windpark sehen. In Merchingen werden die aktuellen Ertragsdaten und die Werte seit dem Jahr 2010 veröffentlicht (hier). Relevant ist vor allem die Angabe der Abweichung zum Basiswert, welcher die mittlere Ertragserwartung angibt. Liegt diese Abweichung dauerhaft im Minus bedeutet dies einen Verlust. Die Zahlenreihe ist für die Betreiber unangenehm: 2010 -18%, 2011 -8%, 2012 -10% und 2013 -16%. Im Jahr 2014 sind es bisher -20% (Stand September). Laut der im Bundesanzeiger veröffentlichten Daten für die Geschäftsjahre entstanden herbe Verluste: für das Jahr 2011 waren die -532.843,52 Euro und in 2012 betrug der Jahresfehlbetrag -316.496,50 Euro. Für das Jahr 2010 wird ein Fehlbetrag von -937.497,62 Euro ausgewiesen, dies ist aber kurz nach der Inbetriebnahme kein repräsentativer Wert. Ende 2017 läuft eine Bürgerbeteiligung aus. 325 "Windpartner", also Privatpersonen, Vereine und Unternehmen der Region haben einzelne Darlehen von insgesamt 4.072.500,00 Euro an die Windpark Merchingen GmbH & Co KG gegeben, das sind im Schnitt pro Darlehen etwas mehr als 12.500 Euro. Die Bürgerbeteiligung beträgt circa 40% des gesamten Investitionsvolumens von 10 Millionen Euro. Bisher sieht es so aus, als wenn die Rückzahlung der Bürgerbeteiligung durch Hinzuziehen von Fremdkapital oder nachgeschossenem Eigenkapital erfolgen wird - sollte der Ertrag nicht sprunghaft ansteigen. Da aber bei der Kapitalbeschaffung die Anlage neu bewertet wird, wobei der tatsächlich Ertrag der letzten 7 Jahre berücksichtigt wird, dürfte es schwer werden, hier willige Geldgeber zu finden. Und dies ist nur ein Beispiel für die Qualität von Investitionen in Windenergie.

Ergänzung am 16.01.2015

Die Werte für den Windpark Merchingen liegen nun für das Jahr 2014 vor. Der Ertrag lag um 24% niedriger als im Basiswert ausgewiesen. Die Betreiber erhalten also ein Viertel weniger Vergütung aus der EEG-Umlage. Dies dürfte im fünften Jahr hintereinander wieder einen deutlichen Verlust bedeuten.

Eine detaillierte Analyse zur Ertragssituation von bestehenden Windparks findet sich hier.

Ergänzung am 5.03.2015

Und der Januar 2015 war in Merchingen auch nicht so toll. Obwohl es gefühlt gut gewindet hat, zeigen die Erträge in Merchingen wieder mal ein Minus. Diesmal 16% unter dem Basiswert. Na ja, gerade wird der Windpark Merchingen II gebaut, vielleicht ist ja nur alles ein Missverständnis und unter dem Strich ist der Bau der saarländischen Windräder doch ein Erfolg. Fragt sich, wie immer, für wen?

Ergänzung am 13.02.2017

Jetzt liegt auch die Jahresbilanz für 2016 vor. Nach einem allgemein als gutem Windjahr 2015, welches für die Anlage in Merchingen immer noch einen negativen Wert von 10% unter den Erwartungen bedeutet, war das Jahr 2016 wieder gewohnt verheerend: -19%! Weil es so beeindruckend ist, wie stark die Ist-Werte von der Planung abweichen, hier die bisherigen Winderträge in einer Tabelle:

 

Jahr

Ertragsabweichung

Volllaststunden

2010

-18%

1.802

2011

-8%

2.019

2012

-10%

1.976

2013

-16%

1.843

2014

-24%

1.668

2015

-10%

1.972

2016 -19% 1.775